Erlebnisbericht: Gedenkstättenfahrt nach Terezín und Prag - 31.03 - 03.03.2025
Mit unserer Schule, dem BSZ Schkeuditz, nahmen wir an einer Gedenkstättenfahrt nach Terezín (Theresienstadt) und Prag zur Erinnerung an die begangenen Verbrechen gegen die jüdische Bevölkerung während der Zeit des Nationalsozialismus, teil. Diese Reise war nicht nur geschichtlich informativ, sondern auch emotional sehr bewegend.
Tag 1: Ankunft und erste Eindrücke in Terezín
Unsere Reise begann am Leipziger Hauptbahnhof und brachte uns nach einer etwa zweieinhalbstündigen Fahrt zu unserem Ziel, der Magdeburger Kaserne, nach Terezín. Dort begrüßten uns unsere zwei Betreuerinnen der Gedenkstätte Terezin und wir bezogen unsere Unterkunft in der Dlouhá-Straße – ein einfaches, aber zweckmäßiges Quartier, das uns für die kommenden Tage beherbergen sollte.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen erfolgten eine organisatorische Einführung sowie ein erstes Kennenlernen. Wir erhielten einen Überblick über den zeitlichen Ablauf der kommenden Tage und beschäftigten uns mit einem Zeitstrahl zur Geschichte.
Im Anschluss fand unser erster Workshop - „Mein Bild vom NS“ statt. Hier setzten wir uns mit unseren bisherigen Vorstellungen und unserem Wissen über den Nationalsozialismus auseinander. Es war interessant zu sehen, wie unterschiedlich unsere Assoziationen und Erwartungen waren – viele von uns hatten bisher nur theoretisches Wissen aus dem Unterricht und wurden nun mit einem sehr konkreten historischen Ort konfrontiert.
Anschließend erfolgte eine erste Führung durch das ehemalige Ghetto Terezín. Dabei bekamen wir einen intensiven Einblick in die Struktur des Ghettos und die Lebensbedingungen der Menschen, die hier eingesperrt waren. Es war erschütternd, wie systematisch das Leid organisiert worden war.
Nach dem Abendessen war Zeit für eine erste persönliche Reflexion. In kleinen Runden teilten wir unsere Eindrücke und Gefühle. Viele sprachen davon, wie schwer es war, all das Gesehene und Gehörte einzuordnen – doch gerade diese Auseinandersetzung machte den Tag so wertvoll.
Tag 2: Vertiefung der Eindrücke in Terezín
Der zweite Tag begann mit dem Frühstück in der Unterkunft. Die Atmosphäre am Morgen war ruhig und nachdenklich – vielen von uns war noch anzumerken, wie sehr die Eindrücke des Vortages nachwirkten.
Anschließend setzten wir die Führung durch das ehemalige Ghetto fort. Dabei besuchten wir unter anderem den jüdischen Friedhof sowie das Krematorium – Orte, die besonders eindrücklich die grausame Realität des NS-Regimes zeigten. Die schlichte Gestaltung des Friedhofs und die Vielzahl der Grabsteine hinterließen bei uns einen bleibenden Eindruck. Es war ein Ort der Stille, der uns tief berührte.
Danach hatten Zeit für eine individuelle Besichtigung der Ausstellungen, die sich an unterschiedlichen Orten in Terezin befanden. Jede*r konnte sich dabei auf eigene Themen konzentrieren – etwa auf das kulturelle Leben im Ghetto, die Rolle der Propaganda oder auf persönliche Schicksale der Inhaftierten. Diese freie Zeit half uns, Gesehenes und Gehörtes zu vertiefen und eigene Fragen zu stellen.
Viele nutzten die Zeit der Mittagspause, um sich auszuruhen, zu schreiben oder sich im kleinen Kreis auszutauschen.
Am Nachmittag startete unser zweiter Workshop - „Nachrichten aus der Vergangenheit“. In Kleingruppen arbeiteten wir mit originalen Briefen, Tagebucheinträgen und Dokumenten von Menschen, die in Terezín gelebt hatten. Ihre Worte – oft geprägt von Angst, Hoffnung und Sehnsucht – brachten uns die individuellen Schicksale noch näher. Es war bewegend zu spüren, wie viel Menschlichkeit trotz der grausamen Umstände erhalten blieb.
Nach dem Abendessen klang der Tag mit dem Dokumentarfilm „Liga Terezin“ aus, der von einer Fußballliga im Ghetto berichtete. Es war eine beeindruckende Geschichte über Widerstandskraft und das Festhalten an Menschlichkeit im Alltag des Ghettos.
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Tag 3: Abschied von Terezín und neue Perspektiven in Prag
Am dritten Tag hieß es früh aufstehen und Zimmer räumen. Nach dem Frühstück machten wir uns zu Fuß auf den Weg zur kleinen Festung, dem ehemaligen Gestapogefängnis. Dort bekamen wir eine geführte Tour durch unsere Betreuerinnen. Dieser Ort diente während der NS-Zeit als Gefängnis der Gestapo für politische Häftlinge und war Schauplatz unvorstellbarer Grausamkeit. Besonders bedrückend war es, durch die engen, dunklen Zellen zu gehen und zu wissen, unter welchen Bedingungen Menschen hier gefangen gehalten und gefoltert wurden.
Unser letzter Programmpunkt in Terezin war eine Reflexion der letzten Tage. In dieser offenen Gesprächsrunde tauschten wir Gedanken aus – viele beschrieben, wie sehr sich ihre Perspektive auf Geschichte verändert hatte. Es war ein emotionaler Abschluss des Aufenthalts in Terezín.
Nach dem Mittagessen hieß es warten, da sich unser Bus etwas verspätete. In Prag angekommen fuhren wir zum Wenzelsplatz und starteten unsere erste Führung, die sich mit der neueren Geschichte Tschechiens - vom Prager Frühling 1968 bis zur „Samtenen Revolution“ 1989 - beschäftigte. Es war faszinierend zu erfahren, wie der Widerstand gegen autoritäre Systeme auch in jüngerer Vergangenheit eine bedeutende Rolle in der tschechischen Geschichte gespielt hat.
Der restliche Abend stand uns zur freien Verfügung. Dieser letzte Abend war ein schöner, lockerer Kontrast zu den intensiven Tagen in Terezín – und zugleich eine Gelegenheit, die Erfahrungen gemeinsam ausklingen zu lassen.
Tag 4: Jüdische Geschichte in Prag und Abschied
Der letzte Tag unserer Gedenkstättenfahrt begann erneut früh mit frühstücken, auschecken und Gepäck im Bus verstauten. Es war ein merkwürdiges Gefühl, die Unterkunft ein letztes Mal zu verlassen – die vergangenen Tage hatten uns alle auf unterschiedliche Weise geprägt.
Dann waren wir wieder zurück im Stadtzentrum und die letzte Führung durch das jüdische Viertel Prags begann. Dabei besuchten wir unter anderem die Altneu-Synagoge, den jüdischen Friedhof und erfuhren viel über die lange, bewegte Geschichte der jüdischen Gemeinde in Prag. Besonders beeindruckend war die Kombination aus historischer Information und lebendiger Kultur – der Stadtteil war nicht nur ein Erinnerungsort, sondern zeigte auch das Fortbestehen jüdischen Lebens bis heute.
Nach einer kurzen Mittagspause und einem letzten Blick auf die Moldau traten die Rückfahrt nach Leipzig an. Gegen 17:00 Uhr erreichten wir den Leipziger Hauptbahnhof – erschöpft, aber erfüllt von vielen Eindrücken.
Fazit
Die Gedenkstättenfahrt nach Terezín und Prag war eine intensive, lehrreiche und emotionale
Erfahrung. Orte wie die kleine Festung, der jüdische Friedhof oder die Ausstellungen in der Magdeburger Kaserne machten Geschichte greifbar – nicht als abstraktes Thema aus dem Schulbuch, sondern als reales menschliches Leid, das nie vergessen werden darf. Gleichzeitig war es beeindruckend zu sehen, wie Überlebende mit Mut und Hoffnung ihre Erinnerungen weitergegeben haben.
Die Tage in Prag zeigten uns ein anderes Gesicht der Erinnerungskultur – nämlich den
Versuch, Vergangenheit und Gegenwart miteinander zu verbinden. Die Stadtführungen und Gespräche eröffneten neue Perspektiven auf die Geschichte Europas und auf die Bedeutung von Freiheit und Demokratie.
Was bleibt, ist nicht nur Wissen, sondern auch Verantwortung. Die Verantwortung, zu erinnern, zu hinterfragen und sich gegen das Vergessen zu stellen – in der Schule, im Alltag und in der Gesellschaft.
Bastian Bruckner Eib 22e